Liebe Leserin, lieber Leser
Gestern hatten wir den kürzesten Tag und die längste Nacht des Jahres, ab heute wird es wieder jeden Tag ein bisschen länger hell bleiben. Nicht von ungefähr haben unsere Vorfahren das Weihnachtsfest mitten in die dunkelste Jahreszeit gelegt und damit zeigen wollen, wie wichtig das Weihnachtslicht für uns ist. Sie haben dabei nicht beachtet, dass die Erde auch eine Südhalbkugel hat und dass dort gerade Hochsommer ist, wenn wir uns hier nach weissen Weihnachten sehnen. Als moderne, aufgeklärte Menschen wissen wir natürlich, dass die Erde eine Kugel ist und aus zwei gleich grossen, aber sehr unterschiedlich bevölkerten Halbkugeln besteht. Wussten Sie aber zum Beispiel, dass unsere Nordhalbkugel zu 61% mit Wasser bedeckt ist, die Südhalbkugel sogar zu 81%? Oder dass 90% der Menschen auf der Nordhalbkugel leben und nur 10% auf der südlichen?
Vor ein paar Jahren hatte ich die extrem spannende Gelegenheit, einen Tag mit Charlie Duke verbringen zu dürfen. Charlie ist ehemaliger NASA-Astronaut und einer der sehr wenigen «Moon-Walker». Das sind Menschen, die einmal auf dem Mond landen durften. Auf meine Frage, was ihn an dieser Reise am meisten beeindruckt hat, hat er mir mit leuchtenden Augen den Anblick der Erde aus dem Weltall beschrieben. Als er sie wie eine bunte Kugel im schwarzen Weltall sah, wurde ihm spontan bewusst, wie einzigartig schön, aber auch einzigartig verletzlich unsere Erde ist, und dass wir alle eine persönliche Verantwortung tragen, dass sie uns erhalten bleibt.
Eigentlich hätte uns das jetzt auch in der Pandemie wieder einmal besonders bewusst werden können. Dass wir wirtschaftlich eng miteinander vernetzt sind, haben wir beim Zusammenbruch vieler Lieferketten eindrücklich erlebt. Wie eng wir auch menschlich miteinander verbunden sind, hat uns das Coronavirus ebenfalls gezeigt. Ein einzelner Krankheitsherd irgendwo auf der Welt kann einen Flächenbrand auslösen. Kurzfristig bringt eine Isolation Abhilfe, weil sie die Geschwindigkeit der Ausbreitung verlangsamen kann. Aber langfristig müssen wir die Pandemie gemeinsam lösen und verhindern, dass sie neben gesundheitlichen auch schwere soziale Folgen hat. Mitten in einer Ansteckungswelle bedeuten Kontakte zu anderen Menschen eine potenzielle Gefahr, aber diese «Lernerfahrung» müssen wir danach schnellstens wieder ablegen.
Der bekannte deutsche Philosoph Julian Nida-Rümelin plädiert dem Buch «Die Realität des Risikos», das er gemeinsam mit seiner Frau Nathalie Weidenfeld geschrieben hat, dafür, dass wir einen vernünftigen Umgang mit Gefahren brauchen und dass wir Risiken ernst nehmen, uns aber von ihnen nicht beherrschen lassen sollten. Es muss uns gelingen, die notwendigen Schutzmassnahmen ein- und auszuhalten, gleichzeitig aber die Menschen hinter den Gesichtsmasken nicht zu vergessen. Ein Vorschlag: wie wäre es, wenn wir uns ganz fest vornehmen, jeden Tag einem (vielleicht sogar zufällig ausgewählten) Menschen, die menschlichste Frage zu stellen: «Wie geht es dir – wirklich?», und uns dann ein paar Minuten Zeit nehmen, der Antwort zuzuhören. Und wenn es im Moment nicht im persönlichen Kontakt möglich ist: die Frage funktioniert notfalls auch am Telefon oder in einem Videocall. Versuchen Sie es mal, es lohnt sich. Für beide.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen frohe Weihnachten und viele Gelegenheiten, ihre Batterien wieder aufzuladen für das, was in 2022 auf uns wartet.
Herzlich
Matthias Mölleney
Präsident des TTT
Sustainable Development Misconception Study 2020
Das Wissen über nachhaltige Entwicklung ist bei „Affen“ besser ausgebildet. Woran liegt das? Menschen leiden unter systematischen Irrglauben oder haben eine falsche Vorstellung, geprägt durch überholtes Wissen. Was nicht sein kann, ist nicht.
Die Agenda 2030 geht alle etwas an
Nachhaltigkeit darf nicht ein hehres, aber unerreichbar scheinendes Ziel bleiben. Die Agenda 2030 geht uns alle etwas an.