WISSENSCHAFT
Die Stiftung Think Tank Thurgau organisiert Veranstaltungen und initiiert Projekte, die sich mit politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Veränderungen und Entwicklungen befassen und für den Kanton und die Region zukünftig von Bedeutung sein werden. Beim jährlich stattfindende Wissenschaftskongress werden relevante Zukunftsthemen aufgegriffen. Hierzu arbeitet Think Tank Thurgau mit Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen zusammen.
Wissenschaftskongress 2024 „Lernen im Kontext von Künstlicher Intelligenz“: Chat GPT und Co. – gekommen um zu bleiben
Unter dem Titel «Lernen im Kontext von Künstlicher Intelligenz» lud die Stiftung Think Tank Thurgau zum Wissenschaftskongress 2024 ein. Rund 90 Vertreterinnen und Vertreter von Schulen, Bildungseinrichtungen, Politik, Verwaltung und Wirtschaft waren der Einladung ins Casino Frauenfeld gefolgt.
Tagungsleiter Prof. Dr. Thomas Merz, Prorektor an der PHTG und Stiftungsrat Think Tank Thurgau, freute sich sehr über das breite Interesse und hielt fest, dass damit auch wertvolle Vernetzung im Kanton möglich werde. In einem vielfältigen Programm erhielten die Teilnehmenden dann eine Fülle von Informationen, Ideen und Anregungen. Neben Impulsen aus Mittel- und Berufsschulen zeigten auch Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Wirtschaftsbetriebe, wo bei ihnen künstliche Intelligenz bereits eingesetzt wird. «Diese Einblicke in die Berufswelt», so Merz, «geben Hinweise, auf welche Arbeitswelt vieler unserer Schülerinnen und Schüler treffen werden.» Vor allem wies Merz aber darauf hin, dass wir in Schule und Bildung nicht nur Technologie nachvollziehen, sondern die Frage stellen müssen, auf welche Welt hin wir Schülerinnen und Schüler vorbereiten wollen. Ethische und philosophische Fragen seien daher genauso wichtig wie technische.
«Wer glaubt, mit dem heutigen Wissen in vier Wochen noch aktuell zu sein, der irrt», betont Matthias Mölleney, Präsident des Stiftungsrats Think Tank Thurgau in seiner Begrüssung, und machte damit darauf aufmerksam, dass stetiges Weiterlernen unverzichtbar ist. Auch für Stadtpräsident Anders Stokholm führt kein Weg mehr am Einsatz von Künstlicher Intelligenz vorbei. Doch welche Fähigkeiten brauchen insbesondere Lehrende und Lernende im Umgang mit KI? Für Reto Ammann und Christoph Anrig vom SBW Haus des Lernens ist die Antwort klar. Am Ende geht es um Werte und Kompetenzen, die uns befähigen, die Zukunft zu gestalten.
Wie viele Einsatzmöglichkeiten es von KI gestützten Tools im schulischen Kontext heute bereits gibt, stellte Jürg Widrig, Lehrer an der Kantonsschule Romanshorn, eindrücklich vor. «Jeder der lernen will, kann es heute besser denn je. Er muss es nur wollen», fasst er seine Ausführungen zusammen.
Lehrpersonen verschiedener Stufen zeigten beispielshaft auf, wie sie bereits heute KI als Hilfsmittel nutzen. KI wird das Lernen nicht ersetzen, vielmehr geht es darum, sich mit ihr und durch sie neues Wissen zu erschliessen. Das bedeutet für die Lehrpersonen nicht mehr Kontrolle, sondern die Eigenverantwortung der Lernenden soll gestärkt werden. Ergänzt wurden sie vom Einblick verschiedener Führungspersonen in die entsprechend notwendigen Schritte der Schulentwicklung.
Salome Merz, Primarlehrerin und Lerncoach setzte den Schlusspunkt: «Die Menschlichkeit wird nicht nur weiter bestehen, sondern soll noch mehr Platz bekommen. Ob uns einfach mehr Zeit bleibt für Interaktionen mit Schülerinnen und Schülern, ob wir als Lernende dank KI eine geduldigere Lehrerin haben, weil wir sie unendlich oft fragen können – Das Lernen und der Lernprozess soll auch in Zukunft noch mehr im Zentrum stehen.“
Think Tank Thurgau und PH Thurgau werden das Thema weiter vertiefen und am 24. Oktober 2024 am TTT-Forum einem breiten Publikum die Ergebnisse präsentieren.
Informationen den einzelnen Vorträgen finden Sie im Einladungsflyer und im ausführlichen Programm.
Hier finden Sie die Präsentationen der Referierenden
Wissenschaftskongress 2023: „Den Mensch in den Fokus der Digitalisierung rücken“
Die Digitalisierung schreitet in allen Lebensbereichen voran. Neue Technologien beeinflussen nicht nur unseren Alltag, Big Data und künstliche Intelligenz verändern auch unseren Blick und unsere Wahrnehmung. Wann ist der Einsatz künstlicher Intelligenz sinnvoll? Woher kommen die Daten, die Grundlage von Entscheidungen sind und können wir ihnen trauen? Am Wissenschaftskongress «Der Mensch im Fokus der Digitalisierung» diskutierten Forschende verschiedener Disziplinen das Verhältnis zwischen Mensch und Technik, Chancen und Risiken des Einsatzes von künstlicher Intelligenz.
Gut 70 Forschende sowie Interessierte aus Politik, Verwaltung und Gesellschaft waren der Einladung von Think Tank Thurgau zum Wissenschaftskongress 2023 am 21.06.2023 nach Frauenfeld gefolgt. Die wissenschaftliche Leitung hatte das Centre for Human Data Society der Universität Konstanz, in dem Forschende unterschiedlicher Fachrichtungen die individuellen und gesellschaftlichen Implikationen von Digitalisierung, Datafizierung und datenzentrierten Technologien untersuchen.
Digitalisierung aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und eine interdisziplinäre Sichtweise einzunehmen war erklärtes Ziel der Veranstaltung. Die Zusammensetzung der durchweg hochkarätigen Referentinnen und Referenten zeigte schnell, dass eine Reduktion auf eine technische Sicht deutlich zu kurz greift.
Den Einstieg bildete der Vortrag von Prof. Dr. Sebastian Golla von der Ruhr-Universität Bochum, der Einblicke in die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Schutz von Daten gab und aufzeigte, dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) oft an verfassungsrechtliche Grenzen stösst.
Dr. Mennatallah El-Assady vom AI Center der ETH Zürich erläuterte, wie menschliche und künstliche Intelligenz sich ergänzen können, um gemeinsam Probleme zu lösen und zu besseren Entscheidungen zu kommen. Hierzu braucht es jedoch ein geeignetes mentales Modell, um künstliche Intelligenz zu verstehen und optimal nutzen zu können. Oft wird künstliche Intelligenz als dem Menschen überlegen wahrgenommen. Entscheidungen, die von Algorithmen getroffen werden, geniessen eine höhere Glaubwürdigkeit und sollen helfen, menschliche Fehler zu vermeiden. Das Human Error Project, das Dr. Philip Di Salvo vom Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement der Universität St. Gallen vorstellte, verfolgt einen kritischen Ansatz. Im Rahmen des Projektes wurde aufgezeigt, dass künstliche Intelligenz keineswegs fehlerfrei arbeitet, sondern systematische Fehler, Verzerrungen und Ungleichheiten verstärkt und zu falschen Einschätzungen menschlichen Handelns führen kann. Menschliche Verhaltensweise zu verändern, erweist sich häufig als schwierig, in Bezug auf Ernährung ganz besonders. Eine Antwort auf die Frage «Was sollen wir essen?» scheint schnell gefunden, doch erfolgversprechender als allgemeine Ratschläge sind Empfehlungen dann, wenn sie sich an den individuellen Bedürfnissen, Zielen und Möglichkeiten jedes/r Einzelnen orientieren. Personalisierte Daten und Apps können hierzu einen wichtigen Beitrag leisten, erläuterte Prof. Dr. Britta Renner, Psychologin an der Universität Konstanz.
Digitalisierung und künstliche Intelligenz wirken sich nicht nur auf das Verhältnis zwischen Mensch und Technik aus, sondern prägen auch unser Verständnis von Gesellschaft und den zugrunde liegenden Werten. Ethische Aspekte von künstlicher Intelligenz beleuchtete Dr. Leonie Bossert vom Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften an der Universität Tübingen. Sie fragte: Welche KI sollen wir wollen? Was ist gerecht? Wofür würden wir negative Auswirkungen des KI-Einsatzes in Kauf nehmen? Der Glaube an digitale Technologien und die Digitalisierung der Gesellschaft hat für Prof. Dr. Michael Latzer, Professor für Media Change und Kommunikation an der Universität Zürich religionsartige Züge. Die Datafizierung der Lebensbereiche, die Plattformisierung der Märkte und die Algorithmisierung von Auswahlprozessen wird nicht hinterfragt, als gegeben angenommen und deren Komplexität ausgeblendet. Dabei wird die Frage, wer was definiert und steuert zur zentralen Herausforderung.
Im abschliessenden Plenum, das von Stiftungsratspräsident Matthias Mölleney moderiert wurde, waren sich die Referierenden einig, dass die Grenze zwischen Mensch und künstlicher Intelligenz zunehmend verschwimmen wird. Die Entwicklung aufzuhalten kann und soll nicht das Ziel sein, vielmehr erscheint ein Paradigmenwechsel notwendig. Es braucht Konzepte, um die Entwicklung aktiv zu gestalten. Wissen, Bildung und Transparenz sind wichtig, die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Entscheidend ist aber, kritisch zu bleiben, zu hinterfragen und Ziele zu formulieren, die den Menschen in den Fokus der Digitalisierung nehmen.
Die Erkenntnisse des Wissenschaftskongresses 2023 werden in zwei Online verfügbaren TTT-Talks mit Expert:innen diskutiert sowie am TTT-Forum am 07.12.2023 in Weinfelden Vertreter:innen aus Politik und Gesellschaft präsentiert.
Hier finden Sie die Einladung und das Programm vom Wissenschaftskongress 2023
Wissenschaftskongress 2021: Digitalisierung und Politik
Die Digitalisierung ist Treiber und Resultat des technologischen Fortschritts und der digitalen Transformation der Gesellschaft, die auch vor der Politik nicht Halt macht. Die «Politik der Digitalisierung» und die «Digitalisierung der Politik» gehen Hand in Hand. Der von DenkRaumBodensee und Think Tank Thurgau am 27. Oktober in Amriswil veranstaltete Wissenschaftskongress 2021 beleuchtete die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Politik und die politischen Prozesse.
Mehr als 50 Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Gesellschaft diskutierten die Herausforderungen und Chancen, die sich aus der Digitalisierung ergeben. Schnell wurde deutlich, dass es mehr als Online-Formulare braucht, um als smarte Verwaltung die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Big Data und algorithmische Entscheidungsfindung können beispielsweise für eine Realtime-Steuerung und persönliches Feedback genutzt werden. Zwischen dem, was bereits möglich ist, und der Realität in Städten und Gemeinden, aber auch auf kantonaler und Bundesebene scheint jedoch vielfach noch eine grosse Lücke zu klaffen.
Die Chancen der Digitalisierung für die Politik liegen u.a. in grösserer Transparenz, der Einbeziehung weiterer Bevölkerungsgruppen und in neuen Kommunikationswegen. Digitalisierung birgt jedoch auch Risiken durch Desinformation und Fake News; ausserdem kann eine politisch motivierte Zensur – wie Beispiele aus China zeigen – als Repressionstechnologie eingesetzt werden.
Die Medienlandschaft erlebte in den vergangenen Jahren eine zunehmende Fragmentierung: klassische Medien wie Zeitungen, Radio und Fernsehen geraten gegenüber Social Media und Internet zunehmend ins Hintertreffen. Die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung sind vielfältiger geworden, der Zugriff ist schneller und einfacher, die Zahl der Anbieter hat sich vervielfacht. Die Konkurrenz im globalen digitalen Medienmarkt ist gross – was es auch für die Konsumentinnen und Konsumenten zunehmend schwieriger macht, sich zu orientieren. Um junge Zielgruppen zu erreichen, erweitert auch das Schweizer Radio und Fernsehen sein Angebot und seine Kanäle, um deren Nutzungsgewohnheiten zu entsprechen.
Der Einsatz digitaler Medien und Tools sollte aber nie Selbstzweck sein, sondern einer definierten Zielerreichung und Problemlösung dienen. Beispiele aus Vorarlberg, Vaduz oder Lichtensteig zeigten, wie Bürgerbeteiligung mithilfe digitaler Tools gelingen kann. Ihre Erfahrungen machen aber auch deutlich, dass es einen Mix aus digitalen und analogen Beteiligungsformen braucht, um möglichst viele zu motivieren mitzudenken und sich einzubringen.
Der Wissenschaftskongress machte deutlich, dass es – wie in vielen Bereichen -, nicht an technischen Lösungen mangelt. Vielmehr braucht es ein Umdenken in Politik und Verwaltung, letztlich aber auch in der Bevölkerung, um Rahmenbedingungen politischer Entscheidungsprozesse zu verbessern und die Chancen der Digitalisierung für demokratische Prozesse zu nutzen.
Weitere Informationen zum Programm finden Sie in der Einladung.
In der Dezemberausgabe 2021 des akzent-Magazins veröffentlichen Matthias Mölleney und Simone Strauf den Beitrag „Erst am Anfang – Chancen der Digitalisierung für demokratische Prozesse“, der auf den Erkenntnissen des Wissenschaftskongresses basiert.
Der Film zum Wissenschaftskongress fasst die Veranstaltung und die wichtigsten Erkenntnisse zusammen:
Wissenschaftskongress 2020: Digitalisierung und Mobilität – „Hat die Zukunft der Mobilität eine Zukunft?
DenkRaumBodensee und Think Tank Thurgau bringen Wirtschaft, Wissenschaft und interessierte Öffentlichkeit zusammen: Mehr als 100 Personen sind am 18. September der Einladung von DenkRaumBodensee und Think Tank Thurgau gefolgt und haben sich unter der Leitung von Dr. Roland Scherer und Matthias Mölleney im Pentorama in Amriswil von renommierten Referentinnen und Referenten die Frage beantworten lassen: Hat die Zukunft der Mobilität eine Zukunft?
Sie hat, darin waren sich Wirtschaft und Wissenschaft einig. Die damit verbundenen Herausforderungen, die Chancen und Risiken wurden aus unterschiedlichen Blickwinkeln durchaus kontrovers beleuchtet. Ein spannender Mix aus Impulsvorträgen und Out-of-the-Box-Referaten fächerte das Thema in ganzer Breite auf. Die Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft kamen von der Universität St. Gallen, der Zeppelin Universität in Friedrichshafen, der Universität Konstanz, der ZHAW und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Einig waren sich die Experten, dass es entscheidend darauf ankommen wird, ob es gelingt, die Einstellungen und vor allem das Verhalten der Menschen im Bereich Mobilität und Nachhaltigkeit zu beeinflussen und zu verändern.
Erwartungen und aktueller Stand der Wirtschaft wurden stellvertretend aus Sicht von SBB, SWISS, Südostbahn, Mobility und Swiss Transit Lab beleuchtet. Die verschiedenen Fragerunden fanden Anklang und wurden von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern rege genutzt. Die abschliessende Podiumsdiskussion unter der Leitung von Yvonne Seitz brachte das Spektrum der Fragen und Antworten der ganztägigen Veranstaltung auf den Punkt.
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Wir bedanken uns bei der Stadt Frauenfeld für die grosszügige Unterstützung unseres Wissenschaftskongresses.
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TTT-Newsletter im November
Nein, im neusten Newsletter erwähne ich das Wort kein einziges Mal – ein virenfreier Newsletter quasi. Und ja, es gibt spannende Artikel, Themen und Thesen in ganz vielen Bereichen [...]
TTT-Newsletter: Positives in der Krise
Eigentlich wollte ich dieses Mal einen Corona-freien Newsletter zusammenstellen – schwierig. Denn auch dieses Mal dominiert der ungebetene Gast fast alle Artikel und die Auswahl spannender Themen in Wirtschaft, [...]
TTT-Newsletter im September
"Dieses Telefon hat zu viele Schwächen, als dass man es ernsthaft für die Kommunikation in Erwägung ziehen kann." So urteilte ein internes Memo von Western Union aus dem Jahr [...]